Pure Kino-Magie aus dem Mississippi-Delta
BEASTS OF THE SOUTHERN WILD | Regie: Benh Zeitlin | USA 2012
Dieser Film ist einer jener Glücksfälle des Kinos, die es nur selten gibt. Ein Film, der so begeistert, dass man gleich alle anderen ins Kino schicken möchte (um am liebsten selbst wieder mitzugehen). Auch Präsident Obama ging es so: „You’ve got to see this film!“ legte er der Talkmasterin Oprah Winfrey ans Herz.
Beasts of the Southern Wild ist eine solch prominente Schwärmerei sehr zu gönnen, schließlich ist der Film keine hochgezüchtete Hollywood-Produktion, sondern ein mit wenig Geld und viel Herzblut produzierter Exot aus den Sümpfen Louisianas. Dahin hatte den jungen Regisseur Benh Zeitlin die Arbeit an einem Kurzfilm geführt. Nun hat er dort gemeinsam mit dem Künstler-Kollektiv Court 13 über 3 Jahre hinweg seinen ersten Langfilm realisiert.
Die kleine Hushpuppy (Quvenzhané Wallis) lebt mit ihrem harschen Vater Wink (Dwight Henry) in einer kleinen Community namens „Bathtub“. Die eigenwilligen Bewohner haben sich mit kleineren Überflutungen arrangiert, aber nun kündigt sich ein großer Sturm an. Statt zu fliehen, kämpfen Hushpuppy und ihr todkranker Vater mit anderen Unbeugsamen um ihren Ort.
Ganz aus dem kindlichen Blickwinkel Hushpuppys erzählt, entwickelt der Film einen magischen Realismus. Und so fügen sich schmelzende Polkappen, glitschiges Krebsgetier, das raue aber herzliche Selbstversorgerleben in den Bayous, steigende Fluten, Angst vor Tod und Verlust (des Vaters und der Heimat) und das Erscheinen riesiger Auerochsen zu einer märchenhaften, das selbstbestimmte Leben feiernden Geschichte von roher Wucht und universeller Einsicht.
Kaum zu glauben, dass vor der Kamera nur Laien agieren: die Kleine ist ein umwerfender Wirbelwind und Dwight Henry wird inzwischen als Kandidat auf den Oscar für die Beste Nebenrolle gehandelt.
[update 10/01/2012: soeben wurden die Oscar-Nominierungen 2013 bekanntgegeben. Dwight Henry ist nicht dabei – dafür aber Quvenzhané Wallis in der Kategorie Beste Nebendarstellerin. Zudem ist Benh Zeitlin in der Kategorie Beste Regie nominiert. Der Film konkurriert außerdem noch in den beiden Kategorien Bester Film und Bestes adaptiertes Drehbuch ]
Beasts of the Southern Wild ist eine – inzwischen schon mehrfach preisgekrönte – filmische Wundertüte, die glücklich macht. Und mit einer Handkamera, die sich mitten in das überbordene Geschehen stürzt und dem organischen Look von 16mm-Film sicherlich gerade jene beglücken dürfte, die mit der sterilen High-Frame-Rate Hochglanzoptik des Hobbit fremdeln. Doch Beasts of the Southern Wild ist weit mehr als ein passendes Trostpflaster für alle Fans der Fantasie. Um es einfach mit Obama zu sagen: „Sie müssen sich diesen Film ansehen!“.
[Kirsten Kieninger für die RNZ vom 20.12.2012]
[Und wer dann wissen will, woher man heutzutage lebendige Auerochsen für seinen Film bekommt, dem sei dieses Videointerview mit Benh Zeitlin empfohlen (Auerochsen bei 23:40)]
Filmdaten: