Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
SPEED – AUF DER SUCHE NACH DER VERLORENEN ZEIT | Regie: Florian Opitz | D 2012
„Ich habe keine Zeit“. Wer kennt dieses Gefühl nicht. Auch Florian Opitz geht es so. Der Dokumentarfilmer ( Der große Ausverkauf) fragte sich, warum er eigentlich immer zu wenig Zeit hat, obwohl er doch alles daran setzt, kostbare Zeit zu sparen, effizienter zu werden. In Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit zieht er aus, um herauszufinden, was bei ihm nicht stimmt. Ein praller Markt an Lösungs-Angeboten wartet auf ihn: unzählige Bücher zum richtigen Umgang mit der Zeit wollen gelesen werden, ein Zeitmanagement-Papst zaubert beim Late-Night-Seminar Ratschläge wie „die wichtigen Dinge von den unwichtigen trennen“ aus dem Ärmel, ein Burn-Out Therapeut rät zur Fokussierung, wolle man nicht ausbrennen.
Doch Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit ist kein altbackener Lebensratgeber in Filmform, sondern eine kurzweilige, kluge Reise durch unseren beschleunigten Alltag, angetrieben vom ehrlichen Erkentnisinteresse des Autors, das auf sympathische, humorvolle und bedachte Art mitreißt. Die Montage vermittelt das Gefühl, direkt vom Desktop des Filmemachers aus (mitsamt Datei-Ordnern, Fotos und privaten Videos) mit auf die Suche nach der Zeit genommen zu werden, die uns allen abhanden gekommen zu sein scheint. Opitz, der seinen Erkenntnisprozess auch aus dem Off kommentiert, kommt schnell zu dem Schluss, dass er eigentlich tickt wie alle anderen. Es ist vielmehr der sich beschleunigende Takt der Gesellschaft, der alle so mitnimmt. Folgerichtig führt das nächste Filmkapitel den Zuschauer in die Welt der Beschleuniger: die Welt der Wirtschaft und Finanzen, wo eine Aktie heute 1000 mal in der Sekunde gehandelt wird. Der Mensch kommt da nicht mehr mit, die Technik bestimmt, was machbar ist. Die Beschlenigungslogik der Gesellschaft ist atemberaubend und wird filmisch treffend umgesetzt. Aber wollen wir so leben? Nicht jeder, wie das dritte Filmkapitel zeigt: Ein Ex-Banker wird zum Hüttenwirt, ein Bergbauer hat seit seiner Schulzeit keine Uhr mehr getragen, in Bhutan ist das „Brutto-National-Glück“ in der Verfassung verankert und „North Face“-Gründer Douglas Tompkins pflanzt Bäume, die erst in 1000 Jahren groß sind.
zum ausführlichen Interview mit Florian Opitz >
Filmdaten:
Titel: Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 2011
Länge: 120 Min.
Verleih: Camino Filmverleih
Kinostart: 27.09.2012
Regie: Florian Opitz
Drehbuch: Florian Opitz
Kamera: Andy Lehmann
Montage: Annette Muff
Hauptdarsteller: Florian Opitz