Ein Dokumentarfilm auf der Spur des Glücks
Larissa Trüby | GLÜCKSFORMELN | Deutschland 2010
Der 11-jährige Luis kann sich gar nicht vorstellen, wie man als Erwachsener überhaupt noch glücklich sein kann, wenn einem Arbeit, Haushalt und Verpflichtungen keine Zeit mehr fürs Spielen lassen. Die 19-jährige Janina hat in der Schule gelernt, was Glück bedeutet, denn an der Willy-Hellpach-Schule in Heidelberg gibt es „Glück“ als Unterrichtsfach. Der 34jährige Philipp ist glücklich mit seiner Musik, während Wiebke und Marc, beide 45, mittels NLP ihr Leben optimieren. Gretel und Martin, über 70, haben ihr gemeinsames Glück auf einem Hof am Rande der Alpen gefunden. Der 90jährige Leo ist seit über 30 Jahren Rentner und glücklich, denn er hat wieder Zeit für seine Hobbys.
Wie verändert sich der Glücksbegriff im Laufe des Lebens? Das hat sich Larissa Trüby, langjährige Regie-Assistentin von Tom Tykwer, in ihrem ersten abendfüllenden Dokumentarfilm gefragt. Den Universalschlüssel zum Glück gibt es nicht, nur individuelle Rezepte mit unterschiedlichen Zutaten, da sind sich Glücksforscher, Neurologen und Psychologen einig.
Die Montage der filmischen Zutaten in Glücksformeln – insgesamt 12 Experten und 9 Protagonisten sind dabei – ist dicht gewebt, vielleicht ein wenig zu dicht. Die Einblicke in das Leben der Protagonisten sind so gesetzt, dass sie auf den Punkt zu den jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Experten passen, die als Talking Heads ihre ausführlichen Statements liefern. Der zwischen den einzelnen Aspekten von Glück mäandernde Fluss des Films orientiert sich dabei sehr am gesprochenen Wort. Die Protagonisten sind auch während ihrer Szenen mit Eindrücken und erzählten Lebensgeschichten aus dem off zu hören. Dieses Vorgehen degradiert die Bilder oftmals zu einer plakativen Illustrierung der beredten Tonspur. Was dem Film fehlt, um den Kinozuschauer wirklich zu beglücken, sind mehr Zwischenräume und Zwischentöne in dem durchaus interessanten Informationsfluss, die Raum für Assoziationen öffnen und den Film kinotauglich atmen lassen würden. Denn seine stärksten Momente hat der Film, wenn er seine Protagonisten einfach beobachtet und man ihnen ihr Glück ansieht. Nicht ein wortreich beschworenes Glück, sondern ein spontan empfundenes Glück. Wenn sich der 90jährige Leo wie ein Kind über ein Geschenk freut, dann ist das ein Moment, der wirklich anrührt.
© Kirsten Kieninger, in anderer Form zuerst erschienen in der RNZ vom 16.04.2011
Filmdaten:
Titel: Glücksformeln
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 2010
Länge: 87 Min.
Verleih: Universum Film
Kinostart: 14.04.2011
Regie: Larissa Trüby
Drehbuch: Larissa Trüby
Kamera: Stefan Karle
Montage: Nikola Gehrke
Musik: Reinhold Heil, Johnny Klimek, Bruce Winter