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CAIRO TIME

Die fremden Pfade der Liebe in Kairo

CAIRO TIME | Ruba Nadda | Kanada, Irland, Ägypten 2009

Der Blick vom Hotelbalkon über den Nil ist überwältigend und Juliette (Patricia Clarkson) hat genügend Zeit das Panorama und die Geräuschkulisse auf sich wirken zu lassen. Eben ist sie in Kairo eingetroffen, verabredet zu einem gemeinsamen Urlaub mit ihrem Mann, doch der ranghohe UN-Mitarbeiter wird noch in Gaza aufgehalten. Deshalb hat er seinen alten Freund und Assistenten Tareq (Alexander Siddig) darum gebeten, sich um Juliette zu kümmern. Die umtriebige Herausgeberin einer kanadischen Frauenzeitschrift ist eine reife, unabhängige Frau. Tareq ist charmant, zurückhaltend und hilfsbereit. Er hat Juliette in ihr Hotel gebracht und seine Karte da gelassen, für alle Fälle.

Juliette beginnt die Stadt allein zu erkunden, sie flaniert leicht bekleidet durch die Straßen, schlendert durch den Souk, wagt sich in Moscheen, verirrt sich in Kaffeehäuser, erwehrt sich aufdringlicher Jünglinge. Mit leichter Hand verwebt die kanadisch-syrische Regisseurin Ruba Nadda in Cairo Time Klischee, Dekor und Kulisse zu einem üppigen orientalischen Teppich, auf dem sie in leisen Schritten die Einsamkeit und Sehnsüchte ihrer Protagonistin inszeniert. Der Ehemann bleibt verhindert, wirkt wie ein Phantom, von dem es hin und wieder nur eine Nachricht gibt. Tareq dagegen wird zum einfühlsamen Gesprächspartner und Gefährten. Eine Bootsfahrt auf dem Nil, eine Wasserpfeife am Abend, der hypnotisierende Rhythmus der Darabukka bei einer traditionellen ägyptischen Hochzeit – der Film lässt an verführerischen Schauwerten kaum etwas aus. Die Pyramiden allerdings sieht man vorerst nur am Horizont thronen, denn Juliette will sie sich aufsparen für ihren Mann, wie sie Tareq erklärt.

Wenn die Regisseurin dann schließlich den Zuschauer dorthin mit nimmt, sind die Pyramiden längst zum Symbol geworden. Der Film wirkt mitsamt seiner sanft zelebrierten Sinnlichkeit und gefühlvoll-manipulierenden Filmmusik (die Erinnerungen an Das Piano weckt) fast wie aus der Zeit gefallen. Vor allem der oscarnominierten Hauptdarstellerin Patricia Clarkson ist es zu verdanken, dass das Eintauchen in die Cairo Time nicht zur schmachtenden Liebes-Romanze wird, sondern ein leises, eindringliches Drama bleibt, von dem ein Zauber ausgeht, dem man sich kaum entziehen kann. Allerdings ist es zunächst recht irritierend, dass in der Synchronfassung alle Deutsch miteinander sprechen, auch in Szenen, die ganz klar zweisprachig ablaufen.

© Kirsten Kieninger, in anderer Form erschienen in der RNZ vom 02.09.2011

Filmdaten:

Titel: Cairo Time
Produktionsland: Kanada, Irland, Ägypten
Produktionsjahr: 2009
Länge: 88 Min.
Verleih: Alamode Filmverleih
Kinostart: 01.09.2011
Regie: Ruba Nadda
Drehbuch: Ruba Nadda
Kamera: Luc Montpellier
Montage: Teresa Hannigan
Musik: Niall Byrne
Hauptdarsteller: Patricia Clarkson, Elena Anaya, Tom McCamus, Alexander Siddig, Amina Annabi

 

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