Moritz Bleibtreu und Georg Friedrich als Jude oder Nazi: Kleider machen Leute
MEIN BESTER FEIND | Wolfgang Murnberger| Österreich, Luxemburg 2011
Der österreichische Regisseur Wolfgang Murnberger hatte zunächst Skrupel bei diesem Film: Kann man vor dem ernsten Hintergrund der NS-Zeit eine ironische Geschichte erzählen? Man kann, das hat schon Charlie Chaplin mit Der große Diktator vor 70 Jahren bewiesen. Vor 15 Jahren traute sich Roberto Benigni mit Das Leben ist schön dann sogar respektvoll in die Tabuzone der NS-Konzentrationslager. Was heute alles geht, hat Quentin Tarantino mit Inglorious Basterds genüsslich respektlos gezeigt. Der Boden ist also längst bereitet für die Verfilmung von Paul Hengges Roman Wie es Victor Kaufmann gelang, Adolf Hitler doch noch zu überleben.
Viktor Kaufmann (Moritz Bleibtreu) ist Sohn jüdischer Galeriebesitzer in Wien. Seit Kindertagen ist er eng befreundet mit Rudi Smekal (Georg Friedrich), dem Sohn der Haushälterin. Als dieser 1938 plötzlich in SS-Uniform daherkommt, zeigt sich jedoch, dass nicht nur Klassenunterschiede die beiden trennen. Rudi nutzt seine Chance, es zu etwas zu bringen und prahlt bei seinen Nazi-Kumpels mit dem Wissen über eine echte Michelangelo-Zeichnung im Hause der Kaufmanns. Diese wird prompt konfisziert und die Familie kommt gegen Rudis Willen ins KZ. Das hält Rudi jedoch nicht davon ab, mit Viktors Freundin Lena anzubandeln, der die Kaufmanns ihren gesamten Besitz überschrieben haben. Als sich der Michelangelo allerdings ausgerechnet in einem staatstragenden Moment als Fälschung entpuppt, muss Rudi seinen Freund aus dem KZ zum Verhör nach Berlin bringen. Das Flugzeug stürzt ab, nur Rudi und Viktor überleben. Als sich polnische Partisanen nähern, zieht Rudi seine Uniform aus, die beiden wollen sich Viktors KZ-Kleidung teilen. Doch die Deutschen sind schneller und Viktor reagiert geistesgegenwärtig. Die Charade beginnt.
Mein bester Feind ist eine Geschichte von Freundschaft und Verrat, ein durchaus vergnügliches Vexierspiel der Identitäten, das einige überraschende Wendungen und Situationen voll grotesker Komik birgt. Für eingefleischte Fans von Wolfang Murnberger jedoch, bekannt für die seine Zusammenarbeiten mit dem Autoren Wolf Haas und Kabarettisten und Schauspieler Josef Hader bei der rabenschwarzen Komödien-Trilogie Komm süßer Tod, Silentium und Der Knochenmann, wird Mein bester Feind kaum bissig genug sein. Dazu ist die Mischung aus Verwechslungsplot, Kriminalkomödie und Dreiecksgeschichte ein wenig zu respektvoll geraten. Gegen Inglorious Basterds wirkt Mein bester Feind fast wie ein braves Bühnenstück. Aber der Film will ja auch keine durchgeknallte Farce sein, sondern nicht mehr und nicht weniger als eine bewußt konventionell gestaltete Tragikomödie, ausbalanciert auf einem schmalen Grat zwischen Emotion, Spannung und Humor.
© Kirsten Kieninger, in gekürzter Form zuerst erschienen in der RNZ vom 01.09.2011
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