Ein außergewöhnlicher dokumentarischer Blick hinter die heile Fassade des Alltags
PORTRAITS DEUTSCHER ALKOHOLIKER | Carolin Schmitz | Deutschland 2010
„Wenn ich keine Probleme hab‘, bin ich kein Alkoholiker. Und wenn ich kein Alkoholiker bin, kann ich so viel saufen, wie ich will.“
Der IT-Spezialist und Unternehmer erzählt launig über seinen Alkoholkonsum, der schleichend dann doch zum ganz großen Problem für ihn geworden ist. Der Rechtsanwalt hat schon im Studium mit dem Trinken angefangen, um dem Prüfungsdruck besser standhalten zu können. Die Narkose-Assistentin trinkt, weil es ihr alles so etwas leichter wird. Immer schwerer hingegen fällt es im Laufe der Jahre allen, ihre heimliche Sucht in die „Normalität“ ihres bürgerlichen Alltags zu integrieren. Denn hier sprechen keine aus der Gesellschaft gefallenen Existenzen, sondern – oberflächlich gesehen – „funktionierende“ Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft.
Die sechs Menschen, die in Portraits deutscher Alkoholiker von ihrer Alkoholsucht erzählen, bleiben anonym. Sie sind nur auf der Tonebene präsent, was nicht etwa daran liegt, dass sich die Interviewten scheuten, ihre Geschichte auch vor laufender Kamera zu erzählen. Die Regisseurin hat sie gar nicht erst darum gebeten. Denn Carolin Schmitz geht es in ihrem ersten abendfüllenden Dokumentarfilm nicht darum, der Alkoholsucht als persönlichem Schicksal ein individuelles Gesicht zu geben oder zu moralisieren. Sie interessiert sich vielmehr dafür, unter welcher vermeintlich heilen gesellschaftlichen Oberfläche das heimliche Trinken – oft mit dem Ziel, besser innerhalb dieser Gesellschaft funktionieren zu können – stattfindet. Es gelingt ihr mit beachtenswerter formaler filmischer Konsequenz, das Thema aus der Tabu-Ecke zu holen und mitten in der Gesellschaft zu verorten…
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Filmdaten:
Titel: Portraits deutscher Alkoholiker
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 2009
Länge: 79 Min.
Verleih: Fugu Filmverleih
Kinostart: 28.07.2011
Regie: Carolin Schmitz
Kamera: Olaf Hirschberg
Montage: Stefan Oliveira-Pita
Produktion: Tom Schreiber, Olaf Hirschberg, eine 58Filme Produktion gefördert von der Filmstiftung NRW