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Die Mondverschwörung

DIE MONDVERSCHWÖRUNG ist überall

Der Dokumentarfilmer Thomas Frickel mit einer unglaublichen Reise durch Wahn und Wirklichkeit in deutschen Köpfen unterwegs in deutschen Kinos

 

Während draußen der zunehmende Mond hoch am Himmel steht, geht es drinnen in Kino hoch her: ein Zuschauer hat gerade ein Mondgrundstück gewonnen, Thomas Frickel überreicht ihm die Besitzurkunde. Herr Frickel ist nicht etwa Makler für Mondgrundstücke, sondern Macher des Films Die Mondverschwörung. Aber wem gehört der Mond eigentlich? Dem findigen Amerikaner, der über seine Lunar Embassy die Grundstücke vertreibt, oder doch einem gewissen Herrn Jürgens aus Westerkappeln? Mit dieser Frage beginnt in Frickels Dokumentarfilm eine Reise in esoterische Alltäglich- und Absonderlichkeiten bis hin zu (rechts-)radikalen Abgründen, die sich rund um das Gravitationszentrum des Mondes auftun. Vom Mondwasser, das im Bio-Supermarkt zu finden ist, bis zu Reichsflugscheiben, die sich hinter dem Mond verstecken, ist der Weg gar nicht so weit.

Dabei fängt alles ganz harmlos an, denn wie Thomas Frickel im Interview erzählt, behandelt der Film auch „Themen, die teilweise zumindest – was diesen allgemein akzeptierten Bereich der Mondgläubigkeit angeht – sehr weit in die Gesellschaft hereinreichen: Es gibt ja z.B. viele Leute, die den Mondkalender befolgen.“ Die Autorin des Mondkalenders, hierzulande ein Bestseller, gibt auch Kurse in „Mondgymnastik“. Im Film macht Dennis Mascarenas tapfer mit bei Frau Paungger, schließlich hat er als Chefreporter des deutschsprachigen US- Senders DDC-TV eine Mission zu erfüllen: Das Verhältnis der Deutschen zum Mond zu ergründen.

Schon in den 90er Jahren schickte Frickel den Amerikaner für seinen Film Deckname Dennis durch das Land, um „herauszufinden wie die Deutschen 50 Jahre nach Kriegsende so drauf sind“. Damals habe er „auch schon Dinge anrecherchiert, die jetzt in dem neuen Film vorkommen“. Da wären z.B. der Mythos von Neuschwabenland, ein unterirdisch am Südpol überwinternder Hitler, Außerirdische, Aldebaraner und Reptiloide tauchen auf, dazu kommen kontaminierte Geldscheine und Chemtrails – die Grenze zwischen Weltbild und Wahn ist schnell überschritten, oftmals fungieren esoterische Ideen als „Einfallstor für rechte Ideologien“, was Frickel im Publikumsgespräch als besorgniserregend bezeichnet. Die harmlose Mondgymnastik tut keinem weh, während die verschwörungstheoretischen Verrenkungen manch einem der Protagonisten schon Klagen wegen Volksverhetzung eingebracht haben.

Frickel lässt im Film ausdrücklich auch Leute zu Wort kommen, die, „obwohl sie unsere Nachbarn sind, wo ganz anders leben“ und Dennis Mascarenas verzieht auch dann kaum eine Mine, wenn er von seinem Gesprächspartner darüber aufgeklärt wird, dass die Amerikaner nie auf dem Mond gewesen seien, weil sie ja nicht dürften, der Mond sei schließlich „deutsches Hoheitsgebiet“. Beim Publikum sorgen nicht nur diese Aussagen für Belustigung. Der unterhaltsame Reigen der Absurditäten wird immer abstruser.

Thomas Frickel hat die mit ernsthaftem Eifer geäußerten Überzeugungen der Leute unkommentiert zu einem für sich selbst sprechenden Panoptikum montiert und meint, es komme „ja so knüppeldick in dem Film, so dass ich die Gefahr, dass jemand das affirmativ sieht und sich bestätigt fühlt, sehr gering finde.“ Allerdings kämen auch Leute auf ihn zu und sagten: „Also, am Schluss da kommen ja ziemlich krude Personen vor, mit denen habe ich nichts zu tun, aber…“ Die Affinität zur Esoterik ist in Deutschland auf jeden Fall vorhanden, laut Börsenverein des deutschen Buchhandels widmet sich jede fünfte Neuerscheinung esoterischen Themen.

Und tatsächlich, wenn im nach dem Publikumsgespräch die Leute Schlange stehen, um sich vom Regisseur das Anandara-Symbol des Erzengel Michael auf ihre Kinokarte stempeln zu lassen, weiß man nicht so recht, ob der ein oder andere nicht doch an dessen reinigende Wirkung glaubt – „Ich weiß nicht, ob’s was nutzt, aber schaden kann’s glaub ich auch nicht“, meint Thomas Frickel dazu nur schmunzelnd.

© Kirsten Kieninger, in anderer Form erschienen in der RNZ vom 13.05.2011

Das ausführliche Interview mit Thomas Frickel ist nachzulesen auf Schnitt.de>

Filmdaten:

Titel: Die Mondverschwörung
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 2010
Länge: 85 Min.
Verleih: W-Film
Kinostart: 21.04.2011
Regie, Drehbuch, Kamera, Schnitt: Thomas Frickel
Musik: Dietmar Staskowiak

 

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