in Alejandro Amenábars Film ABRE LOS OJOS
Alejandro Amenábar | ABRE LOS OJOS | Spanien 1997
Dialoge und wiederkehrende Motive als Hinweise auf einen Traum
Die Dialoge des Films lenken die Aufmerksamkeit auf die Semantik des Films. Sie drehen sich oftmals um Traum, Realität und Wahrnehmung. Vor allem liefern sie oft explizite Hinweise, wie der Zuschauer bestimmte Sequenzen des Films einzuordnen hat. Darüber hinaus weisen wiederholte Dialog-Versatzstücke darauf hin, dass in der Erzählung insgesamt irgend etwas anders ist, als es scheint.
Warum sagen z.B. Leute, die sich nie begegnet sind, die gleichen Sätze? Nuria und der Psychiater fragen César unabhängig voneinander „Was bedeutet Glück für dich?“ und „Glaubst du an Gott?“. Pelayo und der Psychiater erklären César beide mit denselben Argumenten „Du bist nicht hässlich,…“. Und schliesslich sagt der LE-Vertreter denselben Satz, den César kurz davor selbst zum Psychiater gesagt hat: „Über Jules Vernes hat man auch gelacht!“
Césars Nachspielen des Party-Dialogs mit Sofía in der Disco variiert dieses Motiv. Vordergründig vermittelt sich hier eine schmerzhafte Tragik, doch unterschwellig findet sich auch hier das Prinzip der Verarbeitung von Versatzstücken in unterschiedlichen Kontexten.
Auch die auffälligen Wiederholungen oder motivischen Ähnlichkeiten mancher Bilder sind der beste Hinweis für den Zuschauer, dass es hier um etwas anderes geht als um bloßes Wiedererkennen. Das zentrale Motiv dabei ist die Einstellung mit der Hand am Wecker respektive an der Maske. Dabei geht es immer um eine Situation des Einschlafens und Erwachens. Vom Bildaufbau her sind die beiden wiederkehrenden Einstellungen identisch angelegt. So sehr, dass es gar nicht weit hergeholt ist, anzunehmen, dass beide im Bewusstseinszustand zwischen Schlafen und Wachen auch austauschbar sind, die eine vielleicht nur die traumartige Verarbeitung der anderen ist.
Genauso wie auch die wiederholten Sätze, können solche wiederholten Motive im Sinne der Traumforschung interpretatorisch auf sogenannte Tagesreste zurückzuführen sein. Das, was der Träumende im Wachzustand wahrnimmt, wird im Traum verarbeitet und taucht dort in anderem Zusammenhang wieder auf. (( siehe Teil (3) Der Traum ))
Ein zentrales inhaltliches Motiv, dass sich durch den gesamten Film zieht, ist die Bedeutung des Aussehens, des Augenscheins, des Spiegelbilds. Der ganze Film stellt – unschmeichelhaft gesagt – nichts anderes dar, als den Alptraum eines Narzissten, der sich obsessiv um sein gutes Aussehen sorgt und für den der Verlust desselben die größtmögliche Katastrophe ist, die ihn schlecht schlafen lässt.
Formal findet sich dies wieder in der wiederkehrenden Geste der abwehrenden, verdeckenden Hand vorm Gesicht; sei es bei César, wenn er in einen Spiegel schaut, oder bei Sofía auf dem Foto mit derselben Geste.
Doch Amenábar arbeitet nicht nur im Detail mit Motiv-Wiederholungen, um der Dramaturgie die Anmutung von Traum-Mechanismen einzuweben. Er nutzt auch die Wiederholung von Motiven, um deutlich zu machen, was seine zentralen Themen sind. Es geht ihm um Erscheinung und die Schwierigkeit, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken: Nicht zufällig verbirgt also nicht nur César sein Gesicht hinter einer Maske, sondern auch die Figur der Sofía spiegelt diese Thematik mit ihrer Pantomimen-Maske.
Das Spiegel-Motiv bietet Amenábar darüber hinaus die Möglichkeit, mit dem Motiv der subjektiven Wahrnehmung und der objektiven Rückversicherung zu spielen: Nicht nur der Protagonist sollte einen Schritt zurücktreten und Reflektieren…
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