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LAS 2 VIDAS DE ANDRÉS RABADÁN

2 vidas

Ventura Durall  | Spanien | 2008 | 84 min.

Der Film beruht auf einer authentischen Geschichte, die 1994 die spanische Öffentlichkeit schockierte: Der 19jährige Andrés Rabadán erschoss seinen Vater mit einer Armbrust. Er stellte sich der Polizei und gab im Verhör zu Protokoll, dass er auch verantwortlich sei für zwei Zugentgleisungen 14 Tage zuvor. Eine Erklärung für seine Taten gab er nicht. Er wird mit „paranoider Schizophrenie“ diagnostiziert, für nicht schuldfähig erklärt und für 20 Jahre in die Gefängnispsychiatrie eingewiesen. Seit über 10 Jahren verweigert er jede Medikamentierung, da er sich nicht krank fühle.

Der Regisseur Ventura Durall beschäftigt sich mit dem Schicksal des Andrés Rabadán sowohl in seinem Spielfilm „Las 2 Vidas de Andrès Rabadán – The 2 Lives of Andrés Rabadán“ als auch in einem 65-minütigen Dokumentarfilm mit dem Titel  „El Perdón“ (2009).

Der Regisseur arrangiert die Geschichte wie einen Thriller. Er nähert sich Stück für Stück der Vorgeschichte, den Umständen in der Familie, die Andrés zum Saboteur und Mörder werden ließen: der Selbstmord der Mutter, der dominante und brutale Vater, ein zerbrochenes Zuhause. Im Gerichtsverfahren wurde davon nichts bekannt. Und auch nicht das Geheimnis, das er und seine ältere Schwester seit mehr als 15 Jahre teilten. Vor der Kamera spricht sie das erste Mal darüber, und der Fall bekommt eine ganz neue Dimension

Cinematheque Leipzig überden Dokumentarfilm „El Perdón“

Auf Grundlage dieser neuen Erkenntnisse fiktionalisiert Durall den Fall in seinem Spielfilm „Las 2 Vidas de Andrés Rabadán“. Die Geschichte des Spielfilms setzt ein, als Rabadán schon 11 Jahre in der Gefängnispsychiatrie zugebracht hat. Statt mit den Psychologen zu kooperieren und sich zu öffnen, hat er während dieser Zeit hat er viel gemalt. Die Bilder des realen Andrés Rabadán sind in der Titelsequenz kongenial animiert zu sehen. Dicht und düster atmosphärisch erzählt,  entwickelt sich der Film wie ein psychologischer Thriller. In Thematik und formaler Gestaltung erinnert er streckenweise an „Abre los Ojos“ von Alejandro Amenábar, wirkt aber im Wissen um den realen Hintergrund viel verstörender. Geschickt montiert verweben sich Gefängnisrealität, Fantasie und Erinnerungen. Rabadán (mit faszinierender Intensität verkörpert von Àlex Brendemühl) durchläuft einen quälenden Prozess der Bewusstwerdung, an dessen Ende er endlich die Erkenntnis dessen zulässt, warum er seinen Vater getötet hat.

Katalysiert wird im Spielfilm dieser Prozess von Carmen, einer neuen jungen Schwester, die über seine Bilder Zugang zu Andrés findet, sich in ihn verliebt und neue Hoffnung bringt – vielleicht ein zweites Leben für Andrés. Vielleicht ist es Zeit für eine Rehabilitation?

Nicht zuletzt thematisiert der Film anhand der Schicksale von Andrés Rabadán und auch der anderen Insassen die schwierige Frage, ob jemand der getötet oder vergewaltigt hat, eine zweite Chance verdient. Und wer hat das Recht, oder besser die Kompetenz, darüber zu entscheiden?

„Las 2 Vidas de Andrés Rabadán“ ist kein leichter, aber ein wichtiger Film.

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Filmdaten:

Drehbuch: Ventura Durall, Enric Àlvarez
Darsteller: Àlex Brendemühl, Mar Ulldemolins
Kamera: Mauro Herce
Editor: Martí Roca
Musik: Toni M. Mir
Produktion: Nanouk Films; Oscar Romagosa

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