Charles Officer | Kanada 2008 | 93 Min.
Der Kämpfer, die Krankenschwester und das Kind
„We’re marching to zion. Beautyful beautyful zion. Warriors, healers and children come out to play“
Charles Officer
NURSE.FIGHTER.BOY.
Die Filmtitel und die ersten Bilder dieses kanadischen Spielfilms sind in den Farben Rot, Gelb und Grün gehalten, spielt er doch in einer der größten jamaikanischen Städte außerhalb Jamaikas: Toronto.
Dort beschwört der 12-jährige Ciel aus alten jamaikanischen Traditionen und moderner Zauberei eine fantasievolle Magie herauf, um seiner Mutter Jude zu helfen. Jude ist alleinerziehend, arbeitet als Krankenschwester und leidet an Sichelzellenanämie. In einer Nachtschicht versorgt sie die Wunden von Silence, einem geläuterten Boxer, der mit illegalen Kämpfen eigentlich nichts mehr zu tun haben will. Die beiden sprechen kaum („What happened?“ – „Life.“) und doch entsteht da etwas zwischen ihnen, bevor er verschwindet. In den darauf folgenden Nächten wird Jude auf dem Weg zur Arbeit von der Musik, die aus einem Fenster dringt, in den Bann gezogen. Es ist die Musik, die Silence hört. Ihre Schicksale verbinden sich.
Regisseur Charles Officer erzählt in ruhigem Tempo eine warmherzige Geschichte von Tapferkeit, Hoffnung und dem Gefühl der Zusammengehörigkeit. Das Spiel der drei Hauptdarsteller ist zurückhaltend und kraftvoll zugleich, besonders der Junge verzaubert auf der Leinwand. Die vierte Hauptrolle spielt ein Plattenspieler, denn dieser poetische, von der archaischen Magie des jamaikanischen Glaubens durchwobene Film ist beseelt von Musik. Und im Herzen Torontos ist die Seele Jamaikas lebendig.
Charles Officer, selbst jamaikanischer Abstammung, ist in den Vierteln und Gassen Torontos aufgewachsen, in denen er seinen Film spielen lässt. Es ist in den Bildern, die er gefunden hat, zu spüren, dass der Film aus persönlichen Wurzeln gewachsen ist.
Dass Charles Officer unter den Regisseuren, die er bewundert, auch Wong Kar-Wai nennt, überrascht nicht. Strahlt doch auch sein Film diese seltsam warme Melancholie aus, in die der Hongkong-Chinese den Zuschauer wie in einen Traum einsinken lässt. Streckenweise ist es Charles Officer tatsächlich gelungen, diese Kino-Magie unbeschadet auf einen anderen kulturellen Hintergrund zu übertragen und diesen mit Reggae und Soul zum Klingen zu bringen.
Nachtrag: Im Rahmen des 58. Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg wurde der Film mit dem Publikumspreis ausgezeichnet und erhielt außerdem eine Empfehlung der Jury der Kinobetreiber:
„In einer emotionalen Berg- und Talfahrt nimmt der Film den Zuschauer auf magische Art in die Arme und stellt ein modernes Konzept von Familie dar. Die Menschen, die man liebt, gehen niemals – und auch dieser Film begleitet die Zuschauer noch lange.“
(Begründung der Jury der Kinobetreiber)
Der Publikumspreis wurde von einer zufällig ausgelosten Festivalbesucherin überreicht – magischerweise erkannte sie der Regisseur Charles Officer als eine Frau wieder, mit der er die Nacht zuvor auf einer Party getanzt hatte…