Pål Jackman | Norwegen | 93 min.
„Shooting at the sun“ ist der treffendere englische Titel als „Storm in my Heart“. Denn jeden Morgen erschießt Eivind erstmal die Sonne. Verkatert kommt er unter Deck seines vom Rost angefressenen Schiffes hervorgestürmt, blinzelt bärbeißig ins gleißende nordische Licht, zielt, drückt ab, und muss dann doch wieder einen weiteren hellen Tag ertragen. Eivind ist noch angefressener als sein Schiff , die „Jernanger“. Sein Leben lang ist er auf ihr zur See gefahren, vor 30 Jahren hat er für dieses Leben seine große Liebe im Norden Norwegens an Land zurückgelassen. Jetzt liegt die „Jernanger“ mit Schlagseite seeuntüchtig im Hafen von Starvanger und wirklich alltagstauglich ist auch ihr Kapitän nicht mehr. Er lebt auf dem Schiff, das er zur schwimmenden Kneipe umfunktioniert hat. Im Kreise seiner Kundschaft betäubt er selbst viel zu oft seinen Herzschmerz mit starkem Alkohol. Doch sein Herz ist schwach: immer öfter muss er die Reise ins Krankenhaus antreten, das er immer wieder fluchtartig und ohne die ärztlichen Ratschläge zu befolgen verläßt. Schließlich ist er der Kapitän in seinem Leben und eigentlich hat er doch vorgehabt, sein Schiff und sich selbst aufzumöbeln, um irgendwann zu seiner Liebe zurückzukehren.
Der junge Kris ist gerade dabei, seiner Liebe den Rücken zu kehren. Seine Freundin ist schwanger, er weiß nicht, wie er damit umgehen soll. Sie plant eine Abtreibung, wenn er sich nicht entschließen kann. Er findet sich unter die Plane des Rettungsbootes auf der „Jernanger“ wieder. Gegen Hilfe auf dem Schiff bietet Eivind ihm Unterkunft an. Auf seiner Flucht vor der Verantwortung wird Kris die treibende Kraft bei der Umsetzung von Eivinds Plänen von der großen Fahrt in den hohen Norden.
Bjørn Sundquist als Einvind ist in seiner zynisch-eloquenten Bärbeißigkeit hinreißend, allein sein Gesicht erzählt ein Leben. Pål Sverre Valheim Hagen bietet ihm als Kris einen stillen, aber selbstbewussten Resonanzboden. Zwischen ihnen gerät die Geschichte mal in komische, mal in melancholische Schwingungen. Die drei besten Kumpels von Eivind sind gute Typen: der besorgte Freund Ivar (Nils Utsi) , der Spanien-Rentner und Schoßhünchendbesitzer Pedersen und der Akkordeonspieler Rolvsen (gespielt von den beiden Starvanger Sängern Hans Petter Hansen und Magne Høyland). So wie sie Eivinds Mikrokosmos bevölkern, macht das Zusehen Spaß. Dass die Rollen der beiden Frauen (Mary Sarre und Rikke Westerlund Lie) während des Films eher blass bleiben, fällt kaum auf. Regisseur Pål Jackman konzentriert sich in seinem zweiten abendfüllenden Spielfilm nach „Detector“ mit ruhigem Blick auf die Geschichte von Einvind und Kris. Die Bilder von Kameramann Jakob Ingimundarsson mit ihrer unaufdringlichen Schönheit und die unaufgeregt genaue Montage von Mette Zeruneith geben Geschichte und Gefühlen genügend Raum und Zeit sich zu entfalten. Zwei Generationen, eine Entscheidung: Abenteuer oder Verantwortung. Der Ältere bereut seine frühere Entscheidung inzwischen bitter. Der Jüngere muss sie noch treffen. Viel Zeit bleibt ihnen beiden nicht.
Filmdaten: